Ein Atelier unter freiem Himmel
Gipfelsturm zu sich selbst

1962 in Vallorbe geboren, da wo sanft geformte und bewaldete Berge allgegenwärtig sind, hier lebt der Kunstmaler Eric Martinet. Dieser lässt keine Gelegenheit aus, „in die Höhe“ zu steigen, um die Berglandschaft auf Papier zu verewigen. Hier oben, in seinem Atelier unter freiem Himmel, wirft er einen poetischen Blick auf die Bergwelt. Mountain Report ist bei ihm zu Besuch…

Text und Illustrationen: Eric Martinet

„In den Bergen…bin ich Zuhause. Das klingt so vernünftig, so einfach, ich weiss. Doch in den Bergen geht es mir einfach gut. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass die Berge auch etwas Bedrohliches an sich haben können, auf mich wirken sie aber immer beruhigend. Sie können einen komplett erschöpfen, mich beschwichtigen sie. Und wenn sie sich einmal von ihrer schwierigen Seite zeigen, passe ich mich ihren Launen an.
Wie es wohl den meisten Menschen ergehen dürfte, fühle auch ich mich „klein und unbedeutend“ im Angesicht der Allmacht der Berge. Ich fühle mich ihnen gegenüber klein. Doch dies ist nicht nur eine körperliche Unterlegenheit. Vielmehr decken diese steinernen Riesen mein Innerstes auf, sie wecken mich aus meiner Lethargie, holen mich aus meinem gleichmütigen Alltagstrott heraus und drängen mich dazu, mich auf die wesentlichen Werte des Lebens zurück zu besinnen, vergleichbar mit den Träumen und den Spielen eines Kindes. Sie lassen mich wieder in diese glücklichen Tage eintauchen, in welchen wir in unseren Träumen die mutigsten Taten begingen! Das Glücksgefühl des Wiedersehens
Seit einigen Jahren begleitet mich ein Skizzenbuch auf meinen Streifzügen durch die Berge. Dieses dient nicht als Rechtfertigung für die Ausflüge. Vielmehr gehört es zu jenen Objekten, deren Fehlen ich schmerzhaft wahrnehme, wenn ich es einmal nicht mit dabei habe. Ein bisschen so, wie wenn man den Regenschutz vergessen hat oder die Feldflasche leer ist…Ich habe jeweils eine Vielzahl an Skizzen zu einer Landschaft in meinem Heft. Diese dienen ausschliesslich dem Zweck, mir das Glücksgefühl des Wiedersehens mit der Bergwelt und mit mir selbst zu geben.

Bevor ich mich daran wage, ein Bild zu malen, brauche ich diese Zeichnungen aus meinem magischen Heft. Sonst oft zögernd, fühle ich mich mit deren Unterstützung schnell locker. Wenn ich meine Skizzen auf Leinwand bringe, habe ich nie das Gefühl, dass es sich um eine Wiederholung handelt, vielmehr ist es eine Neuinterpretation mit anderen Werkzeugen. Mit einer entspannten Haltung im Stil „Jazzman“ experimentiere ich nun mit den Eindrücken aus dem Heft und dem Licht des Bildes…

Vorgängig zu dem, was ich als erfolgreiche Gipfelbesteigungen einstufe, steht meines Erachtens immer eine geheime Komplizenschaft zwischen Berg und Bild, welcher etwas Spezielles, ja Edles anhaftet…

Die Berge wie die Malerei zwingen uns, uns mit Dingen auseinander zu setzen, die wir lieber vermeiden möchten. Ohne Anstrengung kann man von keinem der beiden profitieren. Man muss klare Entscheidungen treffen, will man erfolgreich aus einem der beiden hervorgehen. Sie werfen gute Fragen auf…Jene, die eine sofortige Antwort möchten, sehen sich enttäuscht. In der Malerei wie in den Bergen können sich einige Biwaks als gewagt entpuppen, und wenn es aus ihnen Ausgänge gibt, so sind diese in der Höhe zu finden! Für beide muss man sich selbst gut kennen. In diesem Sinn – ja – ich bin gerne in den Bergen…ganz einfach deswegen, weil sie mir erlauben, mich selbst zu finden“.

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