Besteigung des Mont-Blanc
Die ersten 4’807 Meter sind immer die schwierigsten

Zwei Genfer haben während mehreren Monaten ein hartes Training absolviert, um sich zum ersten Mal an den Freuden und Schwierigkeiten des Hochgebirges zu versuchen. Ihr erster Gipfel? Der Mont-Blanc. Eine anspruchsvolle Besteigung, die nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist.

TEXT : Marie de Pimodan
FOTOS : Yannick Flugi

Es ist unbestritten eine tolle Leistung. Ja mehr sogar – eine Höchstleistung. Die Rede ist von der Gipfeleroberung des Mont-Blanc im vergangenen Sommer anlässlich einer allerersten Besteigung eines Gipfels im Hochgebirge. „Stellte man einen Vergleich mit der Arbeitswelt an, so entspräche eine Bergsteigerpremiere mit dem ambitiösen Ziel Mont-Blanc in etwa einem Karriereeinstieg auf Ebene der Generaldirektion!“, streicht Bergführer Yannick Flugi heraus, welcher die beiden Bergneulinge auf den Gipfel begleitet hat. Ein Gipfelsturm im Hochgebirge ist keine Kleinigkeit, sondern verlangt eine minutiöse Vorbereitung - im vorliegenden Fall, ein mehrmonatiges Training mit dem Ziel, ohne all zu gross leiden zu müssen, das Dach Europas auf 4'807 Metern erklimmen zu können.

Die Idee, zwei Bergsteigerneulinge auf den höchsten europäischen Gipfel zu führen, erscheint auf den ersten Blick ziemlich gewagt. Etwas weniger verrückt wird das Ganze, wenn die physischen und mentalen Voraussetzungen zu solch einem Abenteuer vorhanden sind. Just zu diesem Zwecke hat das Genfer Unternehmen PPC (Physical Performance Concept)* einige Personen vorbereitet, welche topp motiviert waren, dieses gewaltige Unterfangen zu wagen. „Wir trainieren das ganze Jahr hinüber Menschen, die über eine gute körperliche Verfassung verfügen wollen, ohne diese jedoch auf eine spezifische Sportart anzuwenden“, erklärt der Fitnesstrainer Sébastien Grossini, einer der drei Partner von PPC. „Wir haben daher einigen unserer Kunden die gewaltige Herausforderung unterbreitet, den Mont-Blanc zu besteigen. Die Idee dahinter war, ihnen aufzuzeigen, dass jede Herausforderung umgesetzt werden kann“.

Vom Training zur Realität
Konditionstests, Training im Freien zu Fuss oder auf dem Velo, Muskelaufbautraining im Kraftraum, Ausflüge in die Berge…Vier Monate dauerte das Training, an welchem rund zehn Kunden von PPC ihre physische Kondition trainierten, alle mit dem gleichen Ziel vor Augen. Am Ende wagten nur zwei von ihnen, nämlich Jérôme und Marc, den Gipfelsturm…mit Erfolg! Für deren Begleitung wählte PPC die Bergführer von Atypeak. Das Team unternahm eine erste Besteigung auf die Pointe de Lachenal und die Arête des Cosmiques zwei Wochen vor der eigentlichen Mont-Blanc Besteigung. „Es war notwendig, sich an die Höhe zu akklimatisieren“, erklärt Sébastien Grossini. „ Denn die Anstrengungen in den Bergen, wenn der Sauerstoff aufgrund der zunehmenden Höhe immer weniger wird, wirken sich total anders auf den Körper aus, als wenn man in einer Ebene Sport macht“. Und dann war da ja auch noch das Herantasten an die Schwindel erregende Leere, an welche die beiden Mont-Blanc Erstlinge ebenfalls noch nicht gewohnt waren.

Doch dank dem Beherzigen der Ratschläge ihrer Personal Trainer von PPC sowie ihres enormen Trainingsfleisses, erreichten Jérôme und Marc ohne all zu grosse Schwierigkeiten den Gipfel des Mont-Blanc. „Sie hatten weder mit Übersäuerungsproblemen in den Beinen noch mit Ausdauerschwierigkeiten zu kämpfen“, fügt Sébastien Grossini an. „Es war vielmehr ausserordentlich interessant, die Reaktionen dieser beiden Menschen zu beobachten, welche es in ihrem beruflichen Leben gewohnt sind, alles zu kontrollieren und sich hier den Naturgewalten des Berges und dem Verlust eben dieser Kontrolle ausgesetzt sahen“. Eines lässt sich hier aber in aller Offenheit sagen: Es war schwierig für die beiden neuen Alpinisten, mit der Angst der grossen Leere umzugehen!

Das Bergsteigen im Allgemeinen und die Besteigung eines Gipfels wie jener des Mont-Blanc im Speziellen sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Nebst der Frage nach der physischen Ausdauer muss auch jene der mentalen Stärke miteinbezogen werden. Beide sind eng miteinander verflechtet und sind unabdingbar für den Erfolg eines Projektes. „Eine mangelhafte Vorbereitung kann zu ernsten Sicherheitsproblemen führen“, erklärt Yannick Flugi mit einem Seitenblick auf die zunehmende Popularisierung des Bergsportes. Zahlreiche Personen denken tatsächlich, und zu Unrecht, dass es genügt, sich für eine Besteigung einen Bergführer zu nehmen, obschon sie weder physisch noch mental in der Lage sind, eine solche zu meistern. „Das Hauptziel in einer Besteigung muss die Freude an der Sache sein, wenn man sich dabei weh tun muss, gibt es einfachere Möglichkeiten“, hebt der Bergführer hervor. Und es sei hier auch nochmals daran erinnert, dass man sich seiner Ausdauer und seiner Resistenz gegenüber der Kälte sehr sicher sein muss und überdies über Nerven aus Stahl verfügen sollte, damit man die Freuden des Hochgebirges wirklich geniessen kann. In der Hoffnung, dass das Gesagte nicht auf taube Ohren stösst…

*PPC bietet in Zusammenarbeit mit den Bergführern von Atypeak ein massgeschneidertes Trainingsprogramm an für Gipfelbesteigungen in der Region.
www.p-p-c.ch oder www.atypeak.com

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